SPD - Haushaltsrede 2010
Vortragender: Karl-Heinz Schieweg

Herr Vorsitzender, Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren! Der Haushalt 2010 ist inzwischen der 2. Doppische Haushalt, über den der Rat der Stadt Pattensen entscheidet. Trotzdem war es – zumindest für die SPD-Grünen- Gruppe – nicht leichter, sondern eher schwieriger und aufwendiger als letztes Jahr, das Zahlenwerk in den Griff zu bekommen. Das alles beherrschende Thema war natürlich das Rekorddefizit von ca. 4,5 Mio. €. Die Einnahmen brechen um mehr als 1 Mio. € auf rund 17 Mio. € ein, während sich die Ausgaben gleichzeitig um mehr als 1 Mio. € auf 21,7 Mio.€ erhöhen. Es gibt nicht viele Möglichkeiten, ein Defizit abzubauen: Einnahmen erhöhen, Ausgaben senken oder besser noch - beides gleichzeitig. Eine Erhöhung der Einnahmen ist zurzeit nicht realisierbar. Zum einen liegt es an der Finanzkrise und zum anderen an der Bundesregierung. Mit ihrer Steuerpolitik verursacht sie auf Kosten der Kommunen auf Jahre hinaus erhebliche Einnahmeverluste. Neben den klassischen Einnahmen aus Gewerbe- und Grundsteuern machen die Einkommensteueranteile und die Schlüsselzuweisungen - die vom Bund und den Ländern zugeteilt werden - inzwischen mehr als 1/3 der kommunalen Einnahmen aus. Hier wird es wegen der Steuerbeschlüsse des Bundes erhebliche Ausfälle geben. Auf die von der FDP angestrebte komplette Abschaffung der Gewerbesteuer will ich nicht weiter eingehen, die Auswirkungen auf unsere Einnahmesituation wären aber verheerend. Ich kann die Bundesregierung an dieser Stelle nur auffordern zu einer soliden Finanzpolitik zurückzukehren, sonst ruiniert sie die Städte und Gemeinden, die schließlich die Keimzellen dieses Staates sind. Allein durch Einsparungen können wir diese Einnahmeausfälle nämlich nicht allein kompensieren. Die Stadt ist bereits jetzt an einem Punkt angelangt, an dem die Einsparpotentiale nahezu ausgeschöpft sind. Auch wenn im Herold zu lesen war, dass die Steuerdefizite nicht von den Bürgern der Stadt finanziert werden sollen, haben wir jedoch keine andere nennenswerte Einnahmequelle. Alle Steuern, Abgaben und Zuweisungen werden direkt oder indirekt am Ende von den Bürgern aufgebracht. Für dieses Jahr hat der Rat zwar keine Steuererhöhungen beschlossen, wie es aber in der Zukunft aussieht, kann heute niemand vorhersagen. Ich möchte an dieser Stelle auf viele direkt an mich gerichtete Anfragen zur neuen Grundgebühr im Trinkwasserbereich eingehen. Der Rat hat eine Grundgebühr beschlossen, die sich nach der Anzahl der vorhandenen Wasseruhren richtet. Die Gebühr wird nicht auf die Wasseruhr erhoben, die Wasseruhr ist nur eine Zählgrundlage. Alle die behaupten, dies seine eine Gebührenerhöhung - haben Recht! Der Grund für die Gebührenerhöhung ist folgender: Die Stadt wurde nach der letzten Prüfung des Eigenbetriebs Wasserversorgung auf eine abzusehende Unterdeckung hingewiesen. Gebühren müssen aber Kosten deckend erhoben werden. Der Rat ist deshalb der Empfehlung der Stadt gefolgt und hat die Kosten, die sich pro Abnahmestelle (also pro Wasseruhr) ergeben, in einer Grundgebühr zusammengefasst. Damit werden nicht nur die Kosten gedeckt, die sich durch das Erfassen des Verbrauchs ergeben, sondern auch die, die durch die Übertragung in die EDV, deren Wartung und Ersatzbeschaffung, sowie Material- und Portokosten ect. etc. entstehen. Der Betrag von 12 € pro Uhr und Jahr ist daher nachvollziehbar und nach unserer Überzeugung auch angemessen. Soviel zu den Wasseruhren. Meine sehr geehrten Damen und Herren, bereits bei der Vorstellung des Haushalts war klar, dass dieses Defizit nicht ausgeglichen werden kann und eine Verringerung nur über Einsparungen zu erreichen ist. Eine radikale Einsparung, also eine, die nur noch die Pflichtaufgaben in der einfachsten Ausgestaltung übrig lässt, hätte 1. Nicht ausgereicht, das Defizit zu beseitigen, 2. Die bisher erreichten Fortschritte und Verbesserungen in der Infrastruktur gefährdet und 3. Entwicklungschancen verhindert und die Aussicht auf Erholung der Finanzen sehr stark reduziert. Die SPD-Fraktion hat deshalb bei allen möglichen Einsparungen die damit verbundenen Auswirkungen auf die zukünftige Entwicklung der Stadt in Betracht gezogen. Im Fall des Hubrettungsfahrzeugs der Feuerwehr hat es dazu geführt, dass nach Recherchen sogar ein erheblich höherer Investitionsbetrag in den Haushalt eingestellt wurde. Das klingt paradox? Ist aber erklärbar: Vorgesehen war ein ca. 21 Jahre altes generalüberholtes Fahrzeug für 300.000 €. Die Nutzungsdauer eines solchen Fahrzeugs liegt bei ca. 12 bis 15 Jahren. In dieser Zeit ist eine jährliche kostenpflichtige Revision erforderlich. Nach spätestens 15 Jahren wird ein neues eventuell wieder gebrauchtes Fahrzeug benötigt. Ein Fraktionskollege hat ein Angebot für ein neues Fahrzeug mit einfacherer, aber völlig ausreichender Technik eingeholt, für das 550.000 € aufzubringen sind. Dieses Fahrzeug hat zunächst keine und später längere Revisionsintervalle als das gebrauchte Fahrzeug und eine Lebenserwartung von 30 Jahren. Nach den Grundsätzen der Doppik – hier sind die Abschreibungsrichtlinien besonders betroffen – ist das neue Fahrzeug vom 1. Jahr der Anschaffung an deutlich günstiger als das gebrauchte. Wir haben natürlich auch Kürzungen vorgenommen. Beispiel: Sportkomplex Jeinsen. Unsere Forderung, den Ansatz von 881.000 € auf 581.000 € zu kürzen, weicht nur geringfügig von der jetzigen Beschlusslage ab. Danach beträgt die auf 2 Jahre verteilte Gesamtbelastung 540.000 €. In diesem Zusammenhang stellen Sie sich natürlich sofort die Frage: Was wird aus dem Lehrschwimmbecken in Jeinsen? Die SPD-Fraktion vertrat den Standpunkt, dass dieses Bad solange betrieben werden sollte, wie es die vorhandene Technik erlaubt, kleinere Reparaturen nicht ausgeschlossen. Eine zeitgleiche Sanierung mit der Sporthalle war von vornherein nicht vorgesehen. Mit der Kündigung des Betreibervertrages durch die TUSPO Jeinsen zum Ende des 1. Quartals 2010, hat sich die Sachlage schlagartig verändert. Da kein neuer Betreiber gefunden wurde, ist der Betrieb einzustellen. Ich bedauere diese abrupte Entwicklung. Über Art und Umfang der zukünftigen Nutzung dieses Gebäudeteils sind insbesondere mit der TUSPO Jeinsen Gespräche aufzunehmen. Für den Schwimmunterricht ist eine Lösung mit dem Pattenser Bad herzustellen. Ein weiteres Thema war eine veranschlagte Investition im sozialen Sektor, von der bis zur Einbringung des Haushalts noch keiner von uns etwas gehört hatte. Geplant war ein Gesundheits- und Bildungszentrum in der Größenordnung von 550.000 €. Hiervon wären 200.000 € über Landeszuschüsse abgedeckt gewesen. Zwar gab es für die Fraktionsvorsitzenden und die Ausschussvorsitzenden noch eine kurzfristig angesetzte Informationsveranstaltung zu diesem Projekt, der Bürgermeister sicherte aber schon 2 Tage später zu, dieses Investitionsvorhaben aus dem Haushalt 2010 zu streichen und vor weiteren Entscheidungen das Projekt in den entsprechenden Ausschüssen zu beraten und auf eine mögliche Umsetzbarkeit hin zu überprüfen. Unabhängig vom Ausgang dieser Beratungen begrüßt es die SPD-Fraktion, wenn im Hinblick auf die demografische Entwicklung nach Lösungsmöglichkeiten gesucht wird. Das gilt insbesondere dann, wenn derartige Projekte üppig bezuschusst werden. So kurzfristig und unvorbereitet wie in diesem Fall geht es aber nicht. Eine Maßnahme, die von keiner Seite als kürzungsverdächtig angesehen wurde und in diesem Fall hervorragend vorbereitet wurde, soll hier aber auch noch erwähnt werden, weil sie für die Kernstadt eine prägende und zukunftsweisende Investition ist. Ich rede von der Altstadtsanierung. Das Gesicht der Altstadt wird sich verändern. Wenn viele Eigentümer mitmachen, wird die Altstadt in einen Jungbrunnen steigen und so attraktiv sein wie nie zuvor. Bund, Land und die Stadt Pattensen werden dafür in den nächsten Jahren zusammen Hunderttausende Euro zur Verfügung stellen. Wie diese Mittel von den Eigentümern genutzt werden können, wird im Rahmen von Informationsveranstaltungen dargestellt. Außerdem wird es Beratungsangebote für alle betroffenen Grundstückseigentümer geben. Ich freue mich auf die neue Altstadt. Zu den Investitionen im Bereich der Kitas und Schulen muss ich nicht viel sagen. Dieser Bereich gehört seit 1996 – also so lange, wie die SPD hier die bestimmende Kraft ist, zu den herausragenden Projekten. Allein in Pattensen wurden seither 3 neue Kitas errichtet. In den Ortsteilen wurden die Kitas ausgebaut und verbessert. Die verlässliche Grundschule wurde ebenso eingeführt wie die Ganztagsschule in der KGS. Aktuell sieht es so aus: Die Umbaumaßnahmen in der Grundschule Pattensen laufen und bewegen sich im Zeitplan. Die zugesagten Veränderungen in der Kita Hirtenweg und in Jeinsen sind abgesichert. Die KGS ist auf dem besten Weg zur Einführung einer SEK II. Wie gesagt, die sozialdemokratische Politik ist in Pattensen Garant für eine auszeichnete Betreuung im Krippen-, Kindergarten- und Hortbereich sowie für zukunftsorientierte Bildungsangebote. Soweit zu den Investitionen. Die Investitionsausgaben führen übrigens nicht zum Defizit in diesem Jahr. Schließlich stehen den Krediten Werte in gleicher Höhe gegenüber. Erst in den folgenden Jahren, wenn die Abschreibungen und der Schuldendienst erwirtschaftet werden müssen, wird das Jahresergebnis belastet. Das ist Doppik. Damit sind wir beim Ergebnisplan, der - vereinfacht dargestellt - die Ausgaben der laufenden Verwaltung beinhaltet. Bei der Prüfung, wie denn die Mehrausgaben von rd. 1 Mio. € gegenüber 2009 zustande kommen, fallen zunächst die Abschreibungen auf, die sich um rd. 400.000 € auf nunmehr rd. 1,85 Mio. € erhöht haben. Hier gibt es keine Kürzungsmöglichkeiten. An 2. Stelle stehen die Ausgaben für das Personal. Sie steigen um ca. 300.000 € oder rd. 6,8 %. Für Tariferhöhungen ist diese Steigerung zu hoch. Bei der Besoldung steht schon eine Erhöhung um 1,2 % ab März fest. Die Anpassung bei den Beschäftigten steht noch aus, wird aber mit Sicherheit nicht dieses Volumen erreichen. Ein Blick auf den Stellenplan belegt dann auch, dass zusätzliche Stellen eingeplant sind. Die Beratungen hierzu sind nichtöffentlich, deshalb werde ich mich inhaltlich hier nicht weiter dazu äußern. Es ist aber eine Organisationsuntersuchung geplant, die sich mit den von uns gestellten Fragen befassen wird. Wir haben großen Wert darauf gelegt, dass alle Personalentscheidungen, die wir heute treffen, dem Ergebnis der Untersuchung angepasst werden können. Die CDU hat da zwar ihre Bedenken, ich gehe aber davon aus, dass sie sich an den fraktionsübergreifenden Vorbereitungen zu dieser Organisationsuntersuchung beteiligen wird. Der 3. große Kostenverursacher sind die Zinsen. Sie steigen um fast 100.000 € oder ca. 13 %. Leider gibt es auch hier keine Einsparungsmöglichkeiten. Pattensen ist vor 1996 nur verwaltet, nicht aber auf die Zukunftsanforderungen vorbereitet worden. Viele der notwendigen Investitionen wurden unterlassen und sind erst von der SPD mit den jeweiligen Partnern vorgenommen worden. Die Investitionen waren und sind dringend erforderlich. Trotzdem: Die hohe Zinslast tut weh. In diesen 3 Bereichen mit einem Gesamtvolumen von über 7,3 Mio. €, in denen praktisch keine Einsparungen erwirtschaftet werden können, sind rd. 800.000 € der 1 Mio. € Mehrausgaben enthalten. Da bleibt nicht mehr viel Einsparpotential übrig. Einen großen Mehraufwand mit vielen Unterpositionen haben wir noch bei den Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen ausgemacht. Hierzu gehören Energiekosten, Wartungsverträge, Unterhaltungskosten für Gebäude und bewegliche Gegenstände, Reinigungskosten und noch einiges mehr. Wir alle wissen, dass die Energiekosten in den letzten Jahren stark gestiegen sind, Aus dieser Erkenntnis heraus wurden die Ansätze von der Verwaltung um rd. 27% angehoben. Wir meinen zu stark, da die Energiepreise inzwischen wieder gefallen sind. Außerdem sollten sich die energetischen Maßnahmen, die an vielen Gebäuden vorgenommen wurden, niederschlagen. Wir haben deshalb in den einzelnen Produkten die Energiekosten reduziert, im Schnitt um 5%. Diese Kostenreduzierung liegt bei rd. 43.000 €. Dazu kommen noch einige kleinere Einsparungen, z.B. bei der Unterhaltung der Grundstücke. Erwähnenswert ist noch die Einsparung beim Zuschuss für den 2. Sportplatz an den Sportverein Koldingen. Unsere Einsparvorstellungen waren zwar größer, der vom Verein genannte absolute Mindestzuschuss ist aber auch bei der schwierigen Finanzlage der Stadt akzeptabel. Wir wissen, dass dem Verein diese Kürzung sehr schwer fällt. Das kooperative Verhalten des Vereins und die lobenswerte Vorarbeit verdienen unseren Respekt. Einen Punkt habe ich noch: Das Stadtmarketing Dieses Instrument gezielter Einflussnahme auf die öffentliche Wahrnehmung und Verbesserung der Kommunikation unter den in Pattensen organisierten Agendagruppen und Vereinen wurde vor ca. 5 Jahren von der SPD ins Leben gerufen. Inzwischen ist die Notwendigkeit eines Stadtmarketings unstrittig. Es gibt aber 2 Bereiche, die kontrovers diskutiert werden. Dies betrifft die Funktion eines Stadtmarketingmanagers und die Zuordnung der Aufgaben, mit den dazugehörigen Finanzmitteln. In Anbetracht der Haushaltslage wollten wir den Aufwand für dieses Produkt auf dem Vorjahresniveau einfrieren. Im Finanzausschuss gab es schließlich eine fraktionsübergreifende Einigung auf eine Kürzung um 16.000 €. Wie ich gestern erfahren habe, wird der Stadtmarketingmanager Björn Schoof diese Arbeit nur noch bis zum 31.3.2010 ausüben. Bis dahin hat er begonnene Aktivitäten entweder vollständig abgeschlossen oder für die Weiterführung von einer Nachfolgerin oder von einem Nachfolger aufbereitet. Jetzt ist der Marketingbeirat gefordert. Er sollte möglichst rasch das Anforderungsprofil für die oder den Nachfolger definieren, damit die Stadt eine Ausschreibung für diese Dienstleistung vornehmen kann. Auf unseren Beschluss hat dies aber keinen Einfluss. Meine Sehr geehrten Damen und Herren, unsere Vorschläge zur Reduzierung des Defizits liegen bei 94.000 €. Es ist ein unbefriedigender Betrag, weil er viel zu gering ist. Eine höhere Einsparung ist mit Blick auf die zukünftige Entwicklung der Stadt allerdings nicht möglich. Wir sind aber auch deshalb unzufrieden, weil diesem Haushalt noch immer die erforderliche Transparenz fehlt. Die personelle Verstärkung im Finanzbereich ist zwingend mit der Einführung der Kosten-Leistungs-Rechnung verbunden. Keiner von uns hat begriffen, warum z.B. in einem Produkt Personalkosten eingestellt sind, obwohl weder Aktivitäten geplant sind noch anderen Kosten anfallen. Um nicht falsch verstanden zu werden. Die Verwaltung ist auf unsere Anfragen und Wünsche jederzeit eingegangen und hat sie umsetzt, dafür gebührt ihr unsere Anerkennung; aber auch für sie ist die Doppik ebenso neu wie für uns. Wir lernen halt gemeinsam. Wir werden die verbleibende Zeit bis zur nächsten Haushaltsvorlage nutzen, um zusammen mit der Verwaltung eine größere Transparenz herzustellen. Damit ist noch keine Verbesserung der Haushaltslage erreicht, wohl aber die Aussicht, Einsparmöglichkeiten eher zu erkennen und umzusetzen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.